Erwerbssituation von vorläufig Aufgenommenen und Flüchtlingen

Mit dem Wirkungsziel 4 der Integrationsagenda Schweiz (IAS) haben sich Bund und Kantone darauf geeinigt, dass «sieben Jahre nach Einreise [...] die Hälfte aller erwachsenen vorläufig Aufgenommenen und Flüchtlinge nachhaltig in den ersten Arbeitsmarkt integriert» sein sollen.

Da die IAS 2019 eingeführt wurde und sich dieses Wirkungsziel auf einen Zeitraum von sieben Jahren nach Einreise bezieht, können derzeit noch keine Aussagen zur Erreichung des Wirkungsziels nach Einführung der IAS gemacht werden. Hingegen lassen sich Aussagen zur Erwerbssituation von vorläufig Aufgenommenen und anerkannten Flüchtlingen treffen, die vor Einführung der IAS in die Schweiz gekommen sind.

Die Erwerbssituation vorläufig Aufgenommener und anerkannter Flüchtlinge bis sieben Jahre nach Einreise in die Schweiz wird im Folgenden auf der Basis von Daten des SEM gemäss dem Zentralen Migrationsinformationssystem (ZEMIS) dargelegt. Die Erwerbssituation von vorläufig Aufgenommenen und anerkannten Flüchtlingen nach sieben Jahren in der Schweiz präsentiert sich für die Einreisekohorte 2016 wie folgt:

  • Sieben Jahre nach Einreise sind 56% der vorläufig Aufgenommenen und Flüchtlinge, die zum Zeitpunkt der Einreise zwischen 16 und 55 Jahre alt waren, erwerbstätig;
  • Die Erwerbstätigenquote unterscheidet sich deutlich nach Geschlecht: 71% der Männer sind sieben Jahre nach Einreise erwerbstätig, bei den Frauen beträgt die Erwerbstätigenquote 36%;
  • Mit steigendem Alter beim Zeitpunkt der Einreise sinkt die Erwerbstätigenquote. Nur gut ein Viertel aller Personen, die bei Einreise 46 Jahre und älter waren, sind sieben Jahre später erwerbstätig;
  • Seit der Einführung der IAS zeichnet sich ein positiver Trend zur Erwerbstätigkeit ab: Vorläufig Aufgenommene und Flüchtlinge, die ab 2019 eingereist sind, finden rascher in den Arbeitsmarkt als die früher eingereisten Kohorten;
  • Sieben Jahre nach Einreise sind 54% der vorläufig Aufgenommenen und Flüchtlinge nachhaltig erwerbstätig. Das heisst, sie haben in den letzten 24 Monaten mindestens 12 Monate eine bezahlte Erwerbstätigkeit ausgeübt. 33% der vorläufig Aufgenommenen und Flüchtlinge waren während des gesamten Zeitraumes von 24 Monaten erwerbstätig;
  • Es bestehen deutliche Unterschiede zwischen den Kantonen bei der Erwerbstätigen­quote der vorläufig Aufgenommenen und Flüchtlinge sieben Jahre nach Einreise. Beim Vergleich zwischen den Kantonen sind Kontextfaktoren wie die Struktur des Arbeitsmarktes und der Wirtschaft des Kantons zu berücksichtigen. Beispielsweise zeigt sich eine Korrelation zwischen der Erwerbstätigenquote der vorläufig Aufgenommenen und Flüchtlinge und der Arbeitslosenquote der Wohnbevölkerung pro Kanton.

In den kommenden Jahren werden die Auswertungen nach Bedarf erweitert, kontextualisiert und vertieft. Insbesondere ist für die Analyse einer nachhaltigen Erwerbsintegration auch das mit der Erwerbstätigkeit erzielte Einkommen sowie ein allfällig fortgeführter Sozialhilfebezug zu berücksichtigen.

Erwerbssituation der Einreisekohorten 2015 und 2016 nach Geschlecht und Alter

Bedeutende Unterschiede bestehen zwischen den Geschlechtern. Während 71% (bzw. 2015: 75%) der Männer sieben Jahre nach Einreise erwerbstätig sind, liegt die Erwerbstätigenquote bei den Frauen bei 36% (bzw. 33%). Die Erwerbstätigenquote bei den Frauen hat sich bei den neueren Einreisekohorten leicht gesteigert.

Der Anteil der Erwerbstätigen ist weiterhin bei denjenigen vorläufig Aufgenommenen und Flüchtlingen am höchsten, die als Jugendliche oder junge Erwachsene in die Schweiz einreisten. Mit zunehmendem Alter bei Einreise sinkt der Anteil Personen, die eine Erwerbstätigkeit aufnehmen.

Entwicklung der Erwerbssituation der Einreisekohorte 2016

Der Anteil der im Jahr 2016 eingereisten vorläufig Aufgenommenen und Flüchtlingen, die einer Erwerbstätigkeit nachgehen, ist mit zunehmender Dauer seit der Einreise kontinuierlich angestiegen.

Abhängig unter anderem von Aufenthaltsdauer und Integrationsfortschritt können vorläufig Aufgenommene und Flüchtlinge eine B- oder C-Aufenthaltsbewilligung erhalten und sind dann nicht mehr in den Asylstatistiken des SEM enthalten. Die folgende Abbildung zeigt, dass die Erwerbstätigenquote für die Einreisekohorte 2016 sieben Jahre nach Einreise in die Schweiz höher ist, wenn sie auch Personen berücksichtigt, die im Zeitraum 2021-2023 eine solche Aufenthaltsbewilligung erhalten haben.

Entwicklung der Erwerbssituation nach Einreisejahren

Ein Vergleich der Entwicklung der Erwerbstätigenquote zwischen den Einreisekohorten ab 2015 zeigt insbesondere, dass die neueren Eintrittskohorten tendenziell schneller in den Arbeitsmarkt eintreten. Der raschere Berufseinstieg dürfte auf eine Mischung verschiedener Faktoren zurückzuführen sein.

Zum einen wurden verschiedene Massnahmen umgesetzt, die der Arbeitsintegration förderlich sind: 2019 wurden die Integrationsagenda Schweiz und die beschleunigten Asylverfahren eingeführt. Zudem wurde das Bewilligungsverfahren für die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit bei vorläufig Aufgenommenen durch eine einfache Meldepflicht ersetzt.

Zum anderen hat sich die wirtschaftliche Lage auf dem Arbeitsmarkt sehr gut entwickelt und die Zusammensetzung der Kohorten (Alter, Schulbildung, Arbeitserfahrung, etc.). hat sich ebenfalls verändert.

Nachhaltige Erwerbsintegration – Erwerbstätigkeit

Die Nachhaltigkeit der Erwerbsintegration lässt sich unter anderem daran bemessen, wie dauerhaft die Erwerbstätigkeit ist, wie hoch das erzielte Einkommen ist und ob die vollständige Ablösung von der Sozialhilfe gelingt. Vertiefte Auswertungen zu diesen Aspekten sollen in den nächsten Jahren geprüft werden.

Die folgende Abbildung zeigt auf, ob die aufgenommene Erwerbstätigkeit dauerhaft ist: Von den 4906 vorläufig Aufgenommenen und Flüchtlingen mit Einreisejahr 2016 waren 2629 Personen bzw. 54% in den letzten beiden Jahren mindestens 12 Monate erwerbstätig. 1606 Personen bzw. 33% waren in den letzten beiden Jahren durchgängig erwerbstätig.

Kantonale Daten

Die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit wird von verschiedenen individuellen und strukturellen Faktoren beeinflusst. Kantonale Unterschiede der Erwerbstätigenquote von vorläufig Aufgenommenen und Flüchtlingen können nicht direkt auf eine erfolgreiche Integrationsförderung zurückgeführt werden. Andere Faktoren beeinflussen die Erwerbstätigenquote häufig noch stärker und sind deshalb bei der Analyse zu berücksichtigen. Dazu gehören insbesondere die Struktur des Arbeitsmarktes und die wirtschaftliche Situation in einem Kanton.

Um den Kontext zu berücksichtigen, wird im Folgenden neben der Erwerbstätigenquote der vorläufig Aufgenommenen und Flüchtlinge je Kanton auch aufgezeigt, wie diese im Verhältnis zur Arbeitslosenquote der Wohnbevölkerung in den Kantonen steht. Aus der Abbildung ist ersichtlich, dass eine Korrelation besteht zwischen der Erwerbstätigenquote der vorläufig Aufgenommenen und Flüchtlinge und der Arbeitslosenquote der Wohnbevölkerung: Kantone oberhalb der eingezeichneten Linie haben eine höhere Erwerbsbeteiligung von vorläufig Aufgenommenen und Flüchtlingen als gemäss Regression dieser beiden Variablen erwartet werden könnte, Kantone unterhalb der Regressionslinie haben eine tiefere Erwerbsbeteiligung als gemäss Regression erwartet werden könnte. Im nationalen Durchschnitt lag Ende 2023 die Erwerbstätigenquote von vorläufig Aufgenommenen und Flüchtlingen, die 2016 eingereist sind und bei Einreise zwischen 16 und 55 Jahre alt waren, bei 56% und die Arbeitslosenquote der Wohnbevölkerung bei 2,3%.

Methodisches

 
Definition Einreisekohorte 2016:

  • Flüchtlinge und vorläufig Aufgenommene am 31.12.2023
  • mit Einreisedatum 2016
  • Jahrgänge 1961 bis 2001 (bzw. 2005)
  • zusätzlich gleiche Definition für Personen mit Regelung zwischen 01.01.2021 und 31.12.2023

 
Berücksichtigte Regelungen

Abhängig unter anderem von Aufenthaltsdauer und Integrationsfortschritt können vorläufig Aufgenommene und Flüchtlinge einen anderen Aufenthaltsstatus erhalten und sind dann nicht mehr in den Asylstatistiken des SEM enthalten.

In der Einreisekohorte 2016 betrifft dies zwischen 01.01.2021 und 31.12.2023 1097 Personen mit den Jahrgängen 1961 bis 2001 (bzw. 1326 Personen bis Jahrgang 2005):

  • 973 (bzw. 1168) Personen mit Härtefallregelung gemäss Art. 84 Abs. 5 AIG oder Art. 14 Abs. 2 AsylG
  • 60 (bzw. 88) Personen mit C-Bewilligung
  • 63 (bzw. 69) Personen mit weiteren Regelungen..

Bei diesen Personen wurde für die Auswertung die in ZEMIS eingetragene Erwerbstätigkeit zum Zeitpunkt der Regelung berücksichtigt.

Letzte Änderung 06.05.2024

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