Arbeitsgruppe zur Umsetzung der Ausschaffungsinitiative: Zwischenstand

Bern. Die Arbeitsgruppe zur Umsetzung der Ausschaffungsinitiative, die von Bundesrätin Simonetta Sommaruga, der Vorsteherin des Eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartements (EJPD) Ende 2010 eingesetzt wurde, hat zwischen Januar und April 2011 sieben Mal getagt. Die Arbeiten kommen voran, sodass der Schlussbericht wie vorgesehen bis im Juni 2011 fertiggestellt und abgeliefert werden kann. Das Arbeitsklima ist gut und konstruktiv, obwohl in grundsätzlichen Punkten unterschiedliche Vorstellungen über die Umsetzung der neuen Verfassungsbestimmungen bestehen.

Geleitet wird die Arbeitsgruppe von Heinrich Koller, dem ehemaligen Direktor des Bundesamtes für Justiz. Ihr gehören ferner an: Manuel Brandenberg und Gregor Rutz für die Initianten; Margrith Hanselmann und Roger Schneeberger für die Konferenz der kantonalen Sozialdirektorinnen und Sozialdirektoren (SODK) bzw. die Konferenz der kantonalen Justiz- und Polizeidirektorinnen und -direktoren (KKJPD); Albrecht Dieffenbacher (BFM) und Ridha Fraoua (BJ) als Vertreter der Verwaltung.

Bisherige Sitzungen der Arbeitsgruppe

Themenschwerpunkte der bisher sieben Sitzungen waren:

  • Grundsatzfragen der Auslegung neuer Verfassungsbestimmungen im verfassungs- und völkerrechtlichen Kontext, Tragweite des Verhältnismässigkeitsgrundsatzes in Rechtsetzung und Rechtsanwendung;
  • Konkretisierung des Deliktskatalogs und Definition der Schwere der Delikte, die Anlass zur Ausschaffung geben sollen;
  • Definition des missbräuchlichen Bezugs von Leistungen der Sozialversicherungen oder der Sozialhilfe;
  • Vor- und Nachteile der rechtlichen Umsetzung der neuen Verfassungsbestimmung im Strafrecht (StGB) bzw. im Ausländerrecht (AuG) und damit verbundene Verfahrensfragen;
  • Regelungsbedarf und erforderliche Anpassungen im geltenden materiellen Recht und im Verfahrensrecht;
  • Vereinbarkeit der Umsetzungsvorschläge mit der Bundesverfassung und mit dem zwingenden und nicht zwingenden Völkerrecht.

Die Arbeitsgruppe sieht gewisse Vorzüge einer Umsetzung der neuen Verfassungsbestimmung im Strafrecht; sie wird aber auch eine Variante der Umsetzung im Ausländerrecht vorlegen. Für die im Strafgesetzbuch (StGB) als Massnahme besonderer Art ausgestaltete künftige Landesverweisung liegen derzeit drei Vorschläge vor, darunter ein Vorschlag des Initiativkomitees. Sie unterscheiden sich vor allem durch die Ausführlichkeit der Deliktskataloge, die massgebende Schwere der Delikte und das Erfordernis einer Mindeststrafe. Die Arbeitsgruppe wird die Gründe für diese unterschiedlichen Möglichkeiten der Ausgestaltung und deren rechtliche Beurteilung im Schlussbericht ausführlich darstellen.

Das Arbeitsklima in der Arbeitsgruppe ist konstruktiv, obwohl in grundsätzlichen Punkten abweichende Vorstellungen bestehen. Differenzen bestehen namentlich in der Frage, ob gemäss der neuen Verfassungsbestimmung bei der in bestimmten Deliktsfällen neu zwingend anzuordnenden Landesverweisung die Schwere der ausgefällten Strafe zu berücksichtigen ist oder nicht. Im Vorschlag des Initiativkomitees ist dies nicht vorgesehen. Darüber hinaus bleiben Differenzen darüber bestehen, inwiefern von der derzeitigen Gerichtspraxis zum nicht zwingenden Völkerrecht (etwa zur Europäischen Menschenrechtskonvention oder zum Freizügigkeitsabkommen mit der EU) bei der Umsetzung der Initiative abgewichen werden kann.

Wiederholt Experten angehört

Die Mitglieder der Arbeitsgruppe sind sich hingegen einig, dass das Rückschiebungsverbot, das zum zwingenden Völkerrecht gehört und das auch in der Bundesverfassung garantiert ist, in allen Fällen zu beachten ist. Eine Einigung konnte auch darüber erzielt werden, dass im StGB eine neue Bestimmung über den missbräuchlichen Bezug von Leistungen der Sozialversicherungen oder der Sozialhilfe geschaffen werden soll. Damit kann die für solche Missbrauchsfälle in der neuen Verfassungsbestimmung vorgesehene Ausschaffung umgesetzt werden.

Die Arbeitsgruppe hat an ihren Sitzungen wiederholt Experten des Straf- und Strafvollzugsrechts, der Sozial- und Invalidenversicherung und des Völkerrechts angehört. Die betreffenden Personen und Ämter haben wertvolle Arbeitsunterlagen erstellt, Vorschläge unterbreitet und Berichte abgeliefert, die in den Schlussbericht einfliessen werden. In den verbleibenden Sitzungen werden die Vorschläge bereinigt, Gewichtungen und Beurteilungen vorgenommen und der Schlussbericht mit den Anträgen an das EJPD fertig gestellt.

Abgabe des Schlussberichts im Juni 2011

Der Schlussbericht wird Bundesrätin Simonetta Sommaruga termingemäss im Juni 2011 abgeliefert. Die Arbeitsgruppe wird ihn der Öffentlichkeit Ende Juni 2011 im Rahmen einer Medienkonferenz vorstellen. Der Bundesrat wird danach über das weitere Vorgehen bei der Ausarbeitung der Botschaft zur Umsetzung der neuen Verfassungsbestimmungen entscheiden.

Letzte Änderung 05.05.2011

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