Besondere Massnahmen bei Asylgesuchen aus verfolgungssicheren europäischen Staaten

Bern. Das Bundesamt für Migration (BFM) behandelt Asylgesuche aus verfolgungssicheren europäischen Staaten mit höchster Priorität: Im Empfangs- und Verfahrenszentrum Basel wird innert 48 Stunden über alle Fälle erstinstanzlich entschieden, bei denen es nach der Anhörung keiner weiteren Abklärungen bedarf. Damit antizipiert das BFM eine mögliche Zuspitzung der Situation und stellt sicher, dass echt Verfolgte auch in den kommenden Monaten in unseren Einrichtungen Aufnahme finden. In den Sommermonaten sind die Asylgesuchzahlen aus visumsbefreiten europäischen Ländern wieder markant angestiegen. Praktisch alle diese Gesuche sind unbegründet und führen in den Schweizer Asylzentren zu Kapazitätsengpässen.

Markante Zunahme der Gesuche aus visumsbefreiten Staaten

Das Bundesamt für Migration verzeichnete in den vergangenen Monaten eine Zunahme der Asylgesuche von Personen, die aus ihren europäischen Herkunftsstaaten ohne Visa in die Schweiz einreisen können. Es geht dabei namentlich um Staatsangehörige aus Mazedonien, Serbien und Bosnien u. Herzegowina. Die Visumspflicht wurde 2009 respektive 2010 in Übereinstimmung mit der EU für den ganzen Schengenraum aufgehoben. Alleine im Juli 2012 sind die Asylgesuchzahlen aus Mazedonien gegenüber dem Vormonat um 83% gestiegen, jene aus Serbien um 68%.

Unbegründete Asylgesuche schaden dem Schweizer Asylsystem

Im Zeitraum vom 1. Januar 2011 bis 31. Juli 2012 stellten insgesamt 4‘593 Personen aus Bosnien u. Herzegowina, Mazedonien und Serbien in der Schweiz ein Asylgesuch. Im selben Zeitraum wurde aus denselben Staaten 20 Personen Asyl gewährt. Dies entspricht einer Anerkennungsquote von rund 0,5 %. Diese Personen haben kaum Chancen, in der Schweiz Asyl zu erhalten. Zumal der Bundesrat diese Staaten als safe countries bezeichnet hat, was bedeutet, dass dort der adäquate staatliche Schutz vor Verfolgung auch für Minderheiten grundsätzlich gewährleistet ist. Deshalb ist davon auszugehen, dass die entsprechenden Asylsuchenden in aller Regel nicht Schutz vor Verfolgung im Sinne des Asylgesetzes benötigen. Gleichzeitig belegen sie in den schweizerischen Asylstrukturen Plätze, was zu Kapazitätsengpässen führt. Dieser Zustand schadet der Glaubwürdigkeit des Schweizer Asylsystems, welches auf dem Grundsatz beruht, dass echt verfolgte Menschen hier Zuflucht finden und in Würde aufgenommen werden.

Hilfe im Heimatland

Hingegen kann Asylbewerbern, die ein offensichtlich unbegründetes Gesuch stellen, hier nicht geholfen werden. Sie sollen rasch wieder ausreisen. Die Schweiz bemüht sich jedoch seit Jahren, deren Situation im Heimatland zu verbessern. So hat der Bund mit Serbien und Bosnien u. Herzegowina eine Migrationspartnerschaft geschlossen, welche die Zusammenarbeit mit diesen Staaten intensiviert und eine gezielte Unterstützung ermöglicht. Ein Beispiel unter vielen ist ein Projekt zum Wohnungsbau für Roma-Familien in Bosnien u. Herzegowina, das vom Bund finanziert wird.

48-Stunden-Verfahren

Das Bundesamt für Migration ergreift nun besondere Massnahmen, um Asylgesuche aus europäischen safe countries effizient bearbeiten zu können und rasch zu einem Entscheid zu kommen. Verschiedene Teams, die nebst den Fachspezialisten Asyl des Bundes auch Hilfswerkvertreter und Dolmetscher umfassen, sind im Empfangs- und Verfahrenszentrum (EVZ) Basel stationiert. Sie führen dort die Verfahren von Staatsangehörigen aus den erwähnten Staaten durch und entscheiden innert 48 Stunden ab der Erstbefragung zur Person. Dies in allen Fällen, in denen nach der Anhörung zu den Asylgründen der rechtserhebliche Sachverhalt erstellt ist und keine weiteren Abklärungen mehr nötig sind. Sämtliche Verfahrensgarantien – insbesondere die Beschwerdemöglichkeiten beim Bundesverwaltungsgericht – bleiben trotz Beschleunigung gewahrt. Die üblichen Qualitätskriterien werden angewendet. Die Schweiz wird den Asylbewerbern weiterhin faire Verfahren gewährleisten.

Zusammenarbeit mit den Herkunftsstaaten

Der Bund schöpft einerseits den rechtlichen Handlungsspielraum im Asylbereich aus. Er arbeitet andererseits beim Vollzug eng mit den Herkunftsstaaten zusammen, damit die notwendigen Reisepapiere rasch beschafft werden können. Hierzu wird die Zusammenarbeit mit den betreffenden Staaten intensiviert. Gespräche mit offiziellen Vertretern haben bereits stattgefunden.
  

Folgende Massnahmen sind vorgesehen:

Vorgespräch: Damit die Asylbewerber aus diesen Staaten wissen, mit welchen Nachteilen sie bei Einreichung eines Asylgesuchs zu rechnen haben, führen die Mitarbeiter des EVZ Basel mit ihnen bei ihrer Ankunft ein kurzes Vorgespräch und geben ihnen ein Merkblatt mit den wichtigsten Informationen über die getroffenen Massnahmen ab.

Streichung der Rückkehrhilfe: Personen aus den visumsbefreiten Balkanstaaten sind seit der Visumbefreiung von der Rückkehrhilfe ausgeschlossen. Diese Massnahme wird bereits seit April 2012 umgesetzt. Neu zahlt das BFM den Asylsuchenden aus diesen Staaten auch kein Reisegeld mehr aus – ausgenommen sind verletzliche Personen und Spezialfälle.

Einreiseverbot: Bei abgelehnten Gesuchen von Personen aus visumsbefreiten europäischen Staaten, welche die Ausreisefrist ungenutzt verstreichen lassen, wird in der Regel ein Einreiseverbot verfügt. Dasselbe gilt für Personen, die die öffentliche Sicherheit gestört haben, unbegründete Mehrfachgesuche gestellt haben sowie bei krassen Missbrauchsfällen. Das Einreiseverbot gilt für den gesamten Schengenraum, es tritt aber erst verzögert in Kraft, sodass die betroffenen Personen freiwillig in ihren Heimatstaat zurückreisen können.

Letzte Änderung 21.08.2012

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