Vorwürfe gegen Asylzentrum Eigenthal: Sicherheitsfirma weitgehend entlastet

Bern. Im vergangenen Jahr wurde von verschiedenen Seiten Kritik an der Führung der Asylunterkunft Eigenthal erhoben. Die Anschuldigungen betrafen auch die zuständige Sicherheitsfirma. Das Bundesamt für Migration BFM liess diese Vorwürfe von Alt Bundesrichter Michel Féraud untersuchen. Der nun vorliegende Bericht entlastet die Sicherheitsfirma weitgehend, enthält aber Empfehlungen, die zu mehr Transparenz sowie zur strikteren Regelung von Disziplinarmassnahmen führen sollen.

Die gegen die Sicherheitsfirma erhobenen Vorwürfe lassen sich sieben Bereichen zuordnen. Sie umfassen nebst angeblichen Schikanen oder unverhältnismässigen Reaktionen gegenüber Jugendlichen auch die Aussage, dass willkürlich Sanktionen verhängt worden seien.

Der unabhängige Untersuchungsbeauftragte, Alt Bundesrichter Michel Féraud, stellte nur in einem der sieben Bereiche eine Rechtsverletzung fest: Angestellte der Sicherheitsfirma hatten ausserhalb der Asylunterkunft einzelne Begegnungen zwischen Asylsuchenden und Besucherinnen und Besuchern observiert. Dabei standen die Sicherheitsleute in so geringer Distanz zu den Asylsuchenden, dass letztere kein ungestörtes Gespräch mit den Besuchenden führen konnten. Der Beauftragte bezeichnet dies als Grenzüberschreitung und hält fest, dass das Grundrecht der persönlichen Freiheit dadurch teilweise verletzt worden sei.

In den übrigen sechs Bereichen lassen sich nach Einschätzung des Alt Bundesrichters keine Rechtsverletzungen oder Pflichtwidrigkeiten erkennen. Entweder erwiesen sich die Vorwürfe als unbegründet respektive nicht nachweisbar, oder das beanstandete Verhalten war rechtmässig beziehungsweise fiel gar nicht in den Verantwortungsbereich der Sicherheitsfirma.

Empfehlungen in zwei weiteren Punkten

Herr Féraud erwähnt zwei weitere Punkte, bei denen zwar seitens der Mitarbeitenden der Sicherheitsfirma kein Recht verletzt wurde, aber zu welchen er dem BFM empfiehlt, Verbesserungen einzuleiten. Einerseits habe er Indizien, dass teils unverhältnismässige und rechtsstaatlich problematische Disziplinarentscheide gefällt worden seien und die Kompetenzordnung missachtetet worden sei. Herr Féraud empfiehlt daher dem BFM, in der entsprechenden Weisung explizit zu definieren, dass die Sicherheitsmitarbeitenden nur dann Disziplinarmassnahmen in eigener Kompetenz anordnen dürfen, wenn besondere zeitliche Dringlichkeit vorherrscht. Normalerweise bleibt dies dem BFM vorbehalten.

Anderseits regt Herr Féraud an, die Sicherheitsmitarbeitenden mit Namensschildern zu kennzeichnen, um die Transparenz zu erhöhen.

Weiteres Vorgehen

Das BFM hat den Bericht zur Kenntnis genommen und bereits folgende Schritte eingeleitet:

  • Die Sicherheitsangestellten in allen Bundeszentren wurden angewiesen, den Asylsuchenden einen angemessenen Freiraum zu gewähren.
  • Den Mitarbeitenden des BFM sowie der Betreuungs- und der Sicherheitsfirmen wurde die Kompetenzordnung für Disziplinarmassnahmen in Erinnerung gerufen – mit der Aufforderung, sich strikte daran zu halten. Zudem wird seit Januar 2013 eine Statistik geführt zu allen Disziplinarmassnahmen, die in Bundeszentren angeordnet wurden. Dies ermöglicht ein effektives Controlling.
  • Die Weisung zur Anordnung von Disziplinarmassnahmen wird gegenwärtig überprüft und wo nötig angepasst respektive präzisiert.
  • Das BFM hat definiert, an wen sich Asylsuchende mit ihren Beschwerden zu den Aufenthaltsbedingungen wenden sollen: Per 1. September 2013 sind neu die Verantwortlichen der Empfangs- und Verfahrenszentren erste Anlaufstelle. Sie sind zuständig dafür, bei Beschwerden das Nötige abzuklären.
  • Zudem prüft das BFM, ob das Sicherheitspersonal künftig gekennzeichnet werden soll.

Bereits vor Vorliegen des Berichts hat das BFM sein Controlling überarbeitet und intensiviert – nun erfolgt eine monatliche Berichterstattung über den Betrieb von Unterkünften an die BFM-Zentrale.

Dokumente

Letzte Änderung 27.09.2013

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