Übernahme und Umsetzung der Rechtsgrundlagen zum EU-Migrations- und Asylpakt (Weiterentwicklungen des Schengen-/Dublin-Besitzstands)

Worum geht es?


Allgemein

Die Europäische Union (EU) verabschiedete am 14. Mai 2024 im Rahmen des EU-Migrations- und Asylpakts die folgenden, für die Schweiz verbindlichen, Rechtsakte: AMMR-Verordnung, Krisenverordnung, Eurodac-Verordnung, Rückkehrgrenzverfahrensverordnung und Überprüfungsverordnung. Sie wurden der Schweiz am 17. Mai 2024 als Weiterentwicklungen des Dublin-/Eurodac- bzw. des Schengen-Besitzstands notifiziert.

Der Bundesrat hat deren Übernahme am 14. August 2024 genehmigt. Die Umsetzung dieser Verordnungen erfordert Anpassungen im Ausländer- und Integrationsgesetz, im Asylgesetz und im Bundesgesetz über die polizeilichen Informationssysteme des Bundes. Der Bundesrat hat zudem die Vernehmlassung zu den Umsetzungsentwürfen eröffnet. Diese dauert bis am 14. November 2024.
 

Der EU-Migrations- und Asylpakt

Der EU-Migrations- und Asylpakt ist ein Bündel von Regelungen zur Schaffung eines gerechteren, effizienteren und krisenresistenteren Migrations- und Asylsystems für die EU resp. den Schengen-/Dublin-Raum. Mit dieser Reform soll zum einen die irreguläre Migration nach und innerhalb Europas verringert werden; zum anderen soll nach dem Prinzip der gemeinsamen Verantwortung und Solidarität eine Entlastung der EU-Mitgliedstaaten an den Schengen-Aussengrenzen geschaffen werden, wenn diese unter besonderem Migrationsdruck stehen oder Ausnahmeregelungen erlauben für Mitgliedstaaten, die mit einer Krisensituation konfrontiert sind. Der EU-Migrations- und Asylpakt setzt auf rasche Verfahren an den Schengen-Aussengrenzen, ein weiterentwickeltes Dublin-System, eine ausgeweitete Datenregistrierung im Eurodac-System und einen obligatorischen Solidaritätsmechanismus zwischen den EU-Mitgliedstaaten.
 

AMMR-Verordnung

Die AMMR-Verordnung regelt die Zuständigkeiten für die Durchführung von Asyl-verfahren sowie die gegenseitige Solidarität im Migrationsbereich. Eines der wichtigsten Ziele der EU-Verordnung besteht darin, durch die Verlängerung gewisser Fristen für den Zuständigkeitsübergang die Anreize für Sekundärmigration innerhalb Europas zu verringern.

Sie ist nur zu gewissen Teilen bindend für die Schweiz. Verbindlich sind vor allem jene Abschnitte, welche die aktuell geltende Dublin III-Verordnung ersetzen. Der Solidaritätsmechanismus hingegen ist für die an Dublin assoziierten Staaten nicht verpflichtend; sie können sich allerdings freiwillig daran beteiligen.


Krisenverordnung

Die Krisenverordnung sieht für den Fall eines ausserordentlichen Migrationsdrucks, einer höheren Gewalt – wie etwa einer Pandemie – oder einer Instrumentalisierung von Migrantinnen und Migranten verschiedene Möglichkeiten für Ausnahmen und Abweichungen von den Regelungen der AMMR-Verordnung, der Asylverfahrensverordnung und der Aufnahmerichtlinie vor.

Nur die Bestimmung zu Abweichungen von Zuständigkeitsregelungen der AMMR-Verordnung für die Durchführung von Asyl- und Wegweisungsverfahren stellt eine Weiterentwicklung des Dublin-/Eurodac-Besitzstands dar und ist für die Schweiz relevant.
 

Eurodac-Verordnung

Mit der Verordnung werden die Modalitäten zur Erfassung von Personen- und Verfahrensdaten unter anderem im Asylverfahren im Informationssystem Eurodac geregelt. Mit der neuen Verordnung kann – wie heute schon – die Bestimmung des zuständigen Dublin-Staats vereinfacht werden. Mit der revidierten Eurodac-Verordnung wird das Mindestalter für die Registrierung von 14 Jahren auf sechs Jahre herabgesetzt und es werden zahlreiche zusätzliche Daten erfasst (u. a. Foto, Name, Alter, Nationalität, Daten von Dublin-Überstellungen, Rückführungen). Zudem werden zusätzliche Kategorien eingeführt, in welchen die Personen je nach Art ihrer Ankunft registriert werden (z. B. irregulärer Aufenthalt, Search and Rescue, Personen mit vorübergehendem Schutzstatus).


Rückkehrgrenzverfahrensverordnung

Diese neue Verordnung ist zwar eine Weiterentwicklung des Schengen-Besitzstands und somit bindend für die Schweiz, jedoch muss die Schweiz das darin vorgesehene Wegweisungsverfahren nicht anwenden und entsprechend auch nicht umsetzen. Denn dies ist nur verlangt, wenn die assoziierten Staaten nach nationalem Recht ein dem in der Asylverfahrensverordnung vorgesehenen Grenzverfahren äquivalentes Asylverfahren an den Schengen-Aussengrenzen vorsehen. Dies ist in der Schweiz nicht der Fall.


Überprüfungsverordnung

Sie sieht ein Überprüfungsverfahren an der Schengen-Aussengrenze vor, um die Identität irregulär ankommender Personen festzustellen und sie dem richtigen Verfahren (Rückführung, Asylverfahren oder Übernahme durch einen anderen Schengen-Staat gestützt auf den Solidaritätsmechanismus) zuzuweisen. Das Überprüfungsverfahren umfasst die Identifizierung und Registrierung der ankommenden Personen, einen Abgleich mit den einschlägigen Datenbanken (Sicherheitscheck) und einen Gesundheitscheck.

Was ist bisher geschehen?

  • Am 14. Mai 2024 verabschiedete die EU die Verordnungen zum EU-Migrations- und Asylpakt.
  • Diese Verordnungen stellen Weiterentwicklungen des Dublin-/Eurodac- bzw. Schengen-Besitzstands dar und wurden der Schweiz 17. Mai 2024 notifiziert.
  • Am 14. August 2024 beschloss der Bundesrat, die EU-Verordnungen unter Vorbehalt der Erfüllung der verfassungsmässigen Voraussetzungen zu übernehmen, und notifizierte der EU seinen Beschluss.
  • Am gleichen Tag eröffnete der Bundesrat die Vernehmlassung zur Übernahme und Umsetzung der Rechtsgrundlagen zum EU-Migrations- und Asylpakt. Sie dauert bis zum 14. November 2024.

Nächster Schritt

Auswertung der Vernehmlassung und Verabschiedung der Botschaft durch den Bundesrat.

Dokumentation

Vernehmlassung

Letzte Änderung 14.08.2024

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