Interview, 8. September 2022: kirche-heute.ch; Tilmann Zuber, Regula Vogt-Kohler
kirche-heute.ch: "Bundesrätin Karin Keller-Sutter besuchte das Ukraine-Friedensgebet in der Elisabethenkirche Basel. Es war ihr ein persönliches Anliegen, mit den ukrainischen Flüchtlingen zu sprechen und den Freiwilligen und Kirchen zu danken."
Frau Bundesrätin Keller-Sutter, warum besuchten Sie das Friedensgebet?
Im Frühling habe ich in der Tagesschau einen Beitrag über die Friedensgebete in der Basler Elisabethenkirche gesehen. Das hat mich angesprochen und ich nahm mir vor, eines zu besuchen. Der jetzige Zeitpunkt im Vorfeld des eidgenössischen Dank-, Buss- und Bettags passt gut. Und jetzt, da das Interesse am Ukrainekrieg etwas nachgelassen hat, kann so ein Besuch die Menschen, die sich engagieren, motivieren.
Sie haben den Freiwilligen gedankt, die die Flüchtlinge unterstützen. Wie wichtig ist deren Einsatz?
Er ist sehr wichtig. Ohne all die Privaten wäre es nicht möglich gewesen, so viele Flüchtlinge in so kurzer Zeit zu beherbergen. Ich habe verfolgt, was die Landeskirchen und jüdischen Gemeinschaften getan haben, um die Flüchtlinge unterzubringen und zu betreuen. Gerade für die jüdischen Gemeinschaften sind der Krieg in Europa und die Flüchtlinge ein Déjà-vu. Und die Kirchgemeinde hier hat mir von ihren Sprachkursen für die Ukrainerinnen und Ukrainer berichtet. Diese Arbeit schätzen wir sehr.
Was können die Kirchen tun?
Die Landeskirchen wie auch der Schweizerische Israelitische Gemeindebund und andere Glaubensgemeinschaften haben eine wichtige Rolle bei der Unterbringung und der Betreuung der Flüchtlinge aus der Ukraine gespielt. Hier in Basel etwa haben die Kirchen Sprachkurse und Friedensgebete organisiert. Das Engagement der Kirchen ist für den Staat wichtig, die Behörden wären gar nicht in der Lage gewesen, alles in dieser kurzen Zeit selbst zu machen. Für den Staat ist dieses Engagement eine grosse Entlastung.
Caritas und andere Hilfswerke kritisieren, dass die Migranten und Flüchtlinge durch die verschiedenen Kategorien unterschiedlich behandelt werden.
Ich finde diese Kritik nicht berechtigt. Der Schutzstatus S wurde in der Schweiz noch nie angewendet. Er wurde nach den Kriegen in Ex-Jugoslawien für die Situation konzipiert, um in kürzester Zeit zehntausende vertriebene Menschen aufnehmen zu können, ohne für jede und jeden ein individuelles Asylverfahren durchführen zu müssen. Der Status S ist ein Sonderfall. Ich hoffe, dass wir künftig nicht noch einmal erleben, was wir jetzt mit dem Krieg in der Ukraine durchmachen. Die Schweiz steht mit dem Schutzstatus S nicht alleine da. Es gibt auch im Schengenraum diesen vorübergehenden Schutz neben dem Asylverfahren, in dem man indivuelle Gründe für Asyl geltend machen muss. Ungleiches sollte man nicht gegeneinander ausspielen.
Wie es im Moment aussieht, wird sich der Krieg in der Ukraine noch länger hinziehen. Wie kann man die Freiwilligen motivieren, wenn die Unterstützung länger dauert?
Ich habe den Eindruck, diese sind schon motiviert. Sie tun dies aus Überzeugung und erhalten viel zurück. Gerade eben haben mir Ukrainerinnen gedankt, für die Unterstützung durch die Freiwilligen, die Kirche und die Schweiz. Den Frauen ist sehr bewusst, dass unser Land hilft. Natürlich wird, wenn die Aufmerksamkeit nicht mehr so gross ist, an dem einen oder anderen Ort die Unterstützung zurückgehen. Aber Pfarrer Frank Lorenz sagte in der Tagesschau, dass die Kirche in Jahrhunderten und Jahrtausenden denke und darum solange helfe, wie es die Kirche brauche. Dafür möchte ich mich bedanken.
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Letzte Änderung 08.09.2022