Das Bundesstrafgericht kommt nach Aarau - Standortwahl im Interesse einer effizienten und erfolgreichen Strafverfolgung

Bern, 12.09.2001 - Der Bundesrat hat am Mittwoch den Grundsatzentscheid über die Ansiedlung des neuen Bundesstrafgerichts gefällt. Aufgrund einer vertieften Analyse ist er zum Schluss gelangt, dass das Gericht in Aarau errichtet werden soll.

Der Grundsatzentscheid des Bundesrates stützt sich auf Abklärungen des Eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartement (EJPD), das die Standortfrage unter Einbezug der Kantone St. Gallen, Tessin, Solothurn und Aargau geprüft hat. Vertieft analysiert hat das EJPD vor allem die Frage, wie entscheidend die Nähe des Bundesstrafgerichtes zu Bundesanwaltschaft und Bundesamt für Polizei für eine möglichst reibungslose Strafverfolgung ist.

Reger Kontakt zwischen Bundesstrafgericht und Strafverfolgungsbehörden

Gestützt auf Prognosen über zusätzliche Ermittlungsverfahren im Bereich der neuen Strafverfolgungskompetenzen des Bundes kommt die Analyse zum Schluss, dass die Zahl mündlicher Gerichtsverhandlungen mit Beteiligung der Bundesanwaltschaft im Vergleich zu heute massiv zunehmen wird. Obwohl Schätzungen in diesem Bereich schwierig sind, ist davon auszugehen, dass das Bundesstrafgericht im Jahre 2007 rund 50 Fälle von Organisierter Kriminalität, Wirtschaftskriminalität, Geldwäscherei und Korruption wird beurteilen müssen. Im gleichen Jahr wird die für die Anordnung der Untersuchungshaft zuständige Behörde rund 270 Verhaftsersuchen zu behandeln haben und mit einer Vielzahl von Haftverlängerungs- und Haftentlassungsersuchen konfrontiert sein. Die meisten dieser Verfahren werden eine mündliche Verhandlung mit Beteiligung der Bundesanwaltschaft erfordern.

Ob die Haftverhandlungen vor dem neuen Bundesstrafgericht stattfinden werden, ist zwar zurzeit noch ungewiss und hängt vor allem von der Ausgestaltung der neuen Schweizerischen Strafprozessordnung ab. Die Angliederung des im Vorentwurf zur Strafprozessordnung vorgesehenen Zwangsmassnahmengerichts an das Bundesstrafgericht ist aber eine Option, die so oder so im Vordergrund stehen wird und daher schon jetzt berücksichtigt werden muss. In regem Kontakt mit dem Bundesstrafgericht wird neben der Bundesanwaltschaft auch das BAP stehen. BAP-Mitarbeiter haben die Aufgabe, inhaftierte Beschuldigte und Angeklagte bei mündlichen Verhandlungen vorzuführen.

Effizienz der Strafverfolgung nicht durch operationelle Nachteile gefährden

Die mit grösseren Strafprozessen verbundenen Abwesenheiten der Staatsanwälte des Bundes vom Arbeitsplatz in Bern könnten die Leitung der gleichzeitig laufenden Ermittlungsverfahren erheblich erschweren und deren Erfolg gefährden. Solche Schwierigkeiten könnten in Einzelfällen mit verschiedenen Massnahmen (z. B. Videoübertragung kombiniert mit der Errichtung eines permanenten Arbeitsplatzes für die Vertreter der Bundesanwaltschaft) leicht entschärft, aber nicht grundsätzlich behoben werden.

Auf Grund sämtlicher Überlegungen hat sich der Bundesrat für Aarau entschieden. Im Kanton Aargau befinden sich keine eidgenössischen Behörden und Institutionen (mit Ausnahme des Paul Scherrer Instituts in Villigen). Demgegenüber beherbergt der Kanton Solothurn bereits das Bundesamt für Wohnungswesen. Zudem sind die Standortvorschläge in Aarau für das Bundesstrafgericht besonders geeignet. Der Bundesrat hat das Bundesamt für Bauten und Logistik und das EJPD beauftragt, ein Projekt (Grundstück und Gebäude) zusammen mit den zuständigen Behörden von Kanton und Stadt zu evaluieren und auszuarbeiten. Das Gebäude des Bundesstrafgerichts muss 2004 (spätestens 2005) bezugsbereit sein.

Letztlich entscheidet das Parlament

Bereits am 3. Juli 2001 beschloss der Bundesrat, das Bundesverwaltungsgericht in Freiburg anzusiedeln. Das Bundesverwaltungsgericht wird die heutigen Rekurs- und Schiedskommissionen sowie die Beschwerdedienste der Departemente ersetzen. Der Bundesrat wird noch im Herbst bezüglich der Gerichtsstandorte eine Ergänzungsbotschaft zur Totalrevision der Bundesrechtspflege verabschieden. Letztlich wird das Parlament über die Standorte der erstinstanzlichen Gerichte entscheiden. Die Errichtung einer erstinstanzlichen Verwaltungs- und Strafgerichtsbarkeit des Bundes ist durch die am 12. März 2000 von Volk und Ständen angenommene Justizreform vorgeschrieben.


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Bundesamt für Justiz, T +41 58 462 48 48


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Letzte Änderung 30.01.2024

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