Die Sanierung von Unternehmen erleichtern; Bundesrat schickt Teilrevision des SchKG in die Vernehmlassung
Bern, 28.01.2009 - Der Bundesrat will mit punktuellen Anpassungen des geltenden Rechts die Sanierung von Unternehmen erleichtern. Er hat am Mittwoch eine Teilrevision des Schuldbetreibungs- und Konkursgesetzes (SchKG) bis am 8. Mai 2009 in die Vernehmlassung geschickt.
Nach der Einreichung verschiedener parlamentarischer Vorstösse anlässlich des Swissair-Zusammenbruchs setzte das Bundesamt für Justiz (BJ) eine Expertengruppe zur Abklärung des gesetzgeberischen Handlungsbedarfs ein. Die Experten gelangten zum Schluss, dass das geltende Recht für die Sanierung von Unternehmen sachgerechte und praktikable Lösungen zur Verfügung stellt und nicht vollständig überholt werden muss. Auch die Schaffung eines Konzernkonkursrechts für Grossinsolvenzen sei nicht erforderlich. Hingegen orteten sie im Sanierungsrecht verschiedene Schwachstellen, die durch punktuelle Verbesserungen beseitigt werden sollten. Der vom BJ überarbeitete Vorentwurf der Expertengruppe schlägt namentlich folgende Neuerungen vor:
Das Nachlassverfahren des SchKG soll zum exklusiven Sanierungsverfahren und die Möglichkeit eines Konkursaufschubs in das Nachlassverfahren integriert werden. Damit stünde das Moratorium in Zukunft nicht nur der Aktiengesellschaft, sondern allen Unternehmensformen zur Verfügung. Gleichzeitig soll die Funktion der Nachlassstundung erweitert werden, die künftig nicht mehr zwingend in einem Nachlassvertrag oder Konkurs enden muss, sondern auch lediglich zu Stundungszwecken bewilligt werden kann.
Die Rechte der Gläubiger stärken
Die Rechte der Gläubiger während der Nachlassstundung sollen verstärkt werden, indem ihnen die Möglichkeit eingeräumt wird, einen repräsentativen Gläubigerausschuss zur Beaufsichtigung des Sachwalters einzusetzen. Unter bestimmten Voraussetzungen soll zudem der Sachwalter verpflichtet sein, eine ausserordentliche Gläubigerversammlung einzuberufen.
Um die Sanierungschancen zu erhöhen, soll künftig die Bestätigung des Nachlassvertrags nicht mehr an die Voraussetzung geknüpft sein, dass dessen Vollzug und damit die Befriedigung der Drittklasseforderungen sichergestellt sind. Diese Sicherstellungspflicht führt nämlich in der Praxis oft dazu, dass massgebliche finanzielle Mittel blockiert werden, die für die Sanierung benötigt würden, und erschwert daher erheblich das Zustandekommens eines Nachlassvertrags. Dagegen sollen die Anteilsinhaber künftig bei einem ordentlichen Nachlassvertrag einen angemessenen eigenen Sanierungsbeitrag leisten, damit eine gewisse Gleichberechtigung mit den Gläubigern erreicht wird.
Die Anfechtung missbräuchlicher Vermögensverschiebungen erleichtern
Nach geltendem Recht ist es in vielen Fällen schwierig, die Übertragung von Vermögenswerten, die im Vorfeld einer Insolvenz von der insolventen Gesellschaft an aussenstehende Dritte übertragen werden, mit Anfechtungsklagen rückgängig zu machen. Deshalb soll künftig im Falle einer Begünstigung von Personen, die dem Schuldner nahe stehen (insbesondere auch innerhalb eines Konzernverhältnisses), die Anfechtung solcher Vermögensverschiebungen massgeblich erleichtert werden soll. Neu soll die begünstigte Person den Nachweis erbringen müssen, dass kein Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung bzw. eine Begünstigungsabsicht vorgelegen hat.
Dauerschuldverhältnisse sofort auflösen
Um die Sanierung eines Unternehmens im Nachlassverfahren zu fördern, soll dem Sachwalter die Möglichkeit eingeräumt werden, Dauerschuldverhältnisse (z. B. Mietverträge, Leasingverträge) mit sofortiger Wirkung aufzulösen. Nach geltendem Recht wirkt sich der Insolvenzfall (Konkurs, Nachlassverfahren) grundsätzlich nicht auf bestehende Dauerschuldverhältnisse aus. Künftig soll unterschieden werden, ob ein Liquidationsfall (Konkurs oder Nachlassvertrag mit Vermögensabtretung) oder eine Nachlassstundung zwecks Sanierung und anschliessender Weiterführung des Unternehmens vorliegt. In letzterem Fall soll der Schuldner jederzeit und per sofort ein Dauerschuldverhältnis kündigen können. Die Gegenpartei erhält für den daraus entstehenden Schaden eine Forderung gegen den Nachlass.
Kein automatischer Übergang von Arbeitsverträgen
Nach geltendem Recht ist unklar, ob bei einer Betriebsübernahme anlässlich eines Insolvenzverfahrens ein automatischer Übergang von Arbeitsverträgen stattfindet. Diese Unsicherheit hat in der Praxis zu grossen Problemen geführt. Insbesondere konnte in vielen Fällen kein Käufer gefunden werden, was eine Sanierung verunmöglichte und letztlich zu einer Vernichtung sämtlicher Arbeitsplätze führte. Gemäss dem Vorschlag des Bundesrates soll neu zwischen den Beteiligten verhandelt und vereinbart werden, ob und inwieweit mit dem Betrieb auch Arbeitsverträge übernommen werden. Dabei steht den betroffenen Arbeitnehmern wie nach geltendem Recht ein Ablehnungsrecht zu.
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Letzte Änderung 26.06.2024