Verschuldete Privatpersonen: Bundesrat erkennt gesetzgeberischen Handlungsbedarf

Bern, 09.03.2018 - Hochverschuldete oder mittellose Privatpersonen haben nach geltendem Schweizer Recht keine Möglichkeit, ihre Finanzen nachhaltig zu sanieren. Für die Gläubiger wiederum bestehen nur eingeschränkte Möglichkeiten, von künftigem Schuldnereinkommen zu profitieren. Der Bundesrat kommt daher in einem am 9. März 2018 verabschiedeten Bericht zum Schluss, dass im Schuldbetreibungs- und Konkursrecht gesetzgeberischer Handlungsbedarf besteht.

Der Bericht, mit dem der Bundesrat das Postulat Hêche 13.4193 "Schweizer Sanierungsrecht. Private in die Reflexion mit einbeziehen" erfüllt, hält fest, dass viele hochverschuldete oder mittellose Privatpersonen keine realistischen Aussichten darauf haben, je wieder schuldenfrei zu leben. Dies hat negative Auswirkungen auf deren Gesundheit und ist auch für die Familien belastend. Für die Betroffenen besteht zudem kaum Motivation, ein Einkommen zu erzielen, da ihnen davon ohnehin nicht mehr als das betreibungsrechtliche Existenzminimum verbleiben würde Diese Ausweglosigkeit behindert nicht zuletzt das Unternehmertum und belastet die öffentliche Hand. Für die Gläubiger ihrerseits bestehen heute nur eingeschränkte Möglichkeiten, um von künftigem Schuldnereinkommen zu profitieren. Ausserdem ist der Grundsatz der Gleichbehandlung der Gläubiger bei natürlichen Personen als Schuldner gemäss dem Bericht nur ungenügend verwirklicht.

Entschuldungsverfahren für Private

Im Gegensatz zur Schweiz kennen die meisten europäischen Staaten und auch die USA Verfahren, welche es Privaten ermöglicht, von ihren Schulden befreit zu werden. Diese Verfahren werden im Grundsatz kaum mehr in Frage gestellt. In der Schweiz wird deshalb von verschiedener Seite ebenfalls gefordert, ein solches Entschuldungsverfahren für Private einzuführen. Die Forschung hat für die Schweiz bereits mehrere mögliche Modelle erarbeitet, welche im Bericht vorgestellt werden. Der Bundesrat favorisiert dabei eine Kombination von zwei verschiedenen Instrumenten: Einerseits hält er die Möglichkeit einer Verbindlicherklärung von privaten Nachlassverträgen für aussichtsreich. Ein solches Verfahren würde es sanierungsfähigen Schuldnern mit regelmässigem Einkommen ermöglichen, leichter wieder auf die Beine zu kommen. Andererseits scheint für Verschuldete mit geringem oder gar keinem Einkommen ein von geeigneter Stelle begleitetes, gesetzliches Abschöpfungsverfahren mit anschliessender Restschuldbefreiung nach ausländischem Vorbild die beste Lösung. Ein solches Verfahren soll Anreize zur Ablösung aus der Sozialhilfe und zur Erzielung eines Einkommens schaffen, beziehungsweise bestehende Fehlanreize beseitigen.

Öffentliche Hand würde von Schuldbefreiungsverfahren profitieren

Der Bundesrat ist der Ansicht, dass die Einführung solcher Verfahren für die betroffenen Schuldner eine grosse Erleichterung darstellen würde, ohne die Interessen der öffentlichen Hand und der übrigen Gläubiger zu stark zu belasten. In Privatkonkursverfahren sind die Gläubiger heute meist mit einem Totalausfall ihrer Forderungen konfrontiert. Die dabei ausgestellten Verlustscheine sind in der Praxis in vielen Fällen wertlos. Wenn Schuldner aber durch ein Schuldbefreiungsverfahren eine zweite Chance auf ein schuldenfreies Leben erhalten, zur Erzielung eines Einkommens motiviert werden können und eine Loslösung von staatlicher Hilfe schaffen, kommt dies auch der öffentlichen Hand und den übrigen Gläubigern zugute. Der Bundesrat wird deshalb bei einem entsprechenden Auftrag des Parlaments verschiedene Varianten prüfen und eine Vorlage erarbeiten.


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Letzte Änderung 26.06.2024

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