Gemeinsam für eine starke Integrationspolitik

Bern. Bund, Kantone sowie Städte und Gemeinden bekennen sich zu einer gemeinsamen Integrationspolitik, die auf den vier Grundprinzipien "Chancengleichheit verwirklichen", "Vielfalt berücksichtigen", "Potenziale nutzen" und "Eigenverantwortung einfordern" basiert. Auf Einladung der Tripartiten Agglomerationskonferenz (TAK) trafen sich heute rund 250 Entscheidungsträgerinnen und Entscheidungsträger staatlicher wie nicht-staatlicher Institutionen in Solothurn zur zweiten Nationalen Integrationskonferenz, um über aktuelle integrationspolitische Herausforderungen zu diskutieren.

TAK-Präsident Guy Morin, Regierungspräsident des Kantons Basel-Stadt, eröffnete die Konferenz mit der Aufforderung, dass die Integrationsdebatte von der Zuwanderungsdebatte getrennt werden solle. Es gehe an der Konferenz um "Menschen, die unsere migrationspolitischen Zugangshürden überwunden haben und nun rechtmässig in der Schweiz sind". Für und mit diesen Personen gelte es, die Chancengleichheit zu verwirklichen. "Alle Menschen in der Schweiz müssen die gleichen Möglichkeiten haben, sich Ziele zu setzen und diese auch erreichen zu können", so Morin. Er strich hervor, dass bei einer erfolgreichen Integration nicht nur Ausländerinnen und Ausländer gefordert sind. Die besten Integrationsmassnahmen laufen ins Leere, wenn nicht gleichzeitig gezielt gegen Diskriminierung vorgegangen werde. Die Aufnahmegesellschaft sei gefordert, Integrationshemmnisse aktiv abzubauen.

Bundesrätin Simonetta Sommaruga, die Vorsteherin des Eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartements (EJPD), äusserte sich zum Prinzip "Eigenverantwortung einfordern". Dass die Beteiligten ihre Eigenverantwortung wahrnähmen, sei ein Grund dafür, dass Integration in der Schweiz im Grossen und Ganzen gelinge. Jedoch seien sich noch nicht alle der Notwendigkeit eigener Leistungen bewusst. Deshalb sollen künftig alle Beteiligten stärker in die Pflicht genommen, die Rahmenbedingungen deutlicher formuliert, die rechtlichen Bestimmungen verbindlicher festgelegt werden. Sommaruga kündigte an, noch in diesem Jahr einen Entwurf für die Revision der aktuellen integrationsrechtlichen
Bestimmungen in den Bundesrat zu tragen.

Pascal Broulis, Präsident der Konferenz der Kantonsregierungen und Regierungspräsident des Kantons Waadt, forderte all diejenigen auf, die eine Begrenzung der Zuwanderung fordern, sich genauso vehement für Integrationspolitik einzusetzen. Der Grundsatz "Potenziale nutzen" müsse künftig noch konsequenter berücksichtigt werden: "Wir müssen davon wegkommen, Einwandernde als defizitär zu betrachten", strich Broulis hervor. „"Sie bringen Erfahrungen, Fähigkeiten, Begabungen und Talente mit". Aus Sicht der Kantone gelte es, die bisher erfolgreichen Integrationsleistungen der Volksschulen hervorzuheben. "Im internationalen Vergleich gehört die die Schweiz zu jenen Ländern, bei denen sich die Bildungschancen der Migrantinnen und Migranten von der 1. zur 2. Generation am deutlichsten verbessern. Hier werden Potenziale genutzt". Nichtsdestotrotz gebe es Bereiche, in welchen die Potenziale noch nicht optimal ausgeschöpft würden. Nachholbedarf bestehe beispielsweise im Frühbereich oder in der Arbeitsmarktintegration. Staatliche und nicht-staatliche Akteure seien hier zu gemeinsamem Handeln gefordert.

Corine Mauch, Vorstandsmitglied des Schweizerischen Städteverbandes (SSV) und Stadtpräsidentin von Zürich, erläuterte am Beispiel der Stadt Zürich, was das Prinzip "Vielfalt berücksichtigen" konkret bedeute. In der Stadt Zürich leben fast 120'000 Ausländerinnen und Ausländer aus rund 170 Ländern, knapp die Hälfte der Bewohnerinnen und Bewohner haben einen Migrationshintergrund. Es sei wichtig, dass diese Personen "zu Zürcherinnen und Zürchern werden, unabhängig davon, was alles sie sonst noch sind". Mauch zeigte sich überzeugt, dass Integration als gegenseitiger Prozess funktioniert: "Je mehr ich akzeptiert werde, wie ich bin, desto eher bin ich bereit, mich einzubringen."

Integration kann nicht an den Staat delegiert werden: Unter dem Stichwort "Integration im Alltag" wurde das Beispiel von Zweifel Pomy-Chips AG Spreitenbach vorgestellt; ein KMU-Unternehmen, welches in die Verbesserung der Grundkompetenzen ihrer zu grossen Teilen aus Migrantinnen und Migranten bestehenden Belegschaft investiert. Pietro Realini, Direktor Produktion und Logistik von Zweifel Pomy-Chips AG, strich hervor, dass es sich für die Firma lohne, in die Förderung der Potenziale ihrer langjährigen Mitarbeitenden zu investieren, auch wenn sich dieser Nutzen nicht in Zahlen fassen lasse.

Stellvertretend für viele engagierte Migrantinnen und Migranten und deren Organisationen stellte Bashkim Iseni, Direktor des Medienportals "Albinfo" mit Sitz in Lausanne und Zürich, verschiedene Projekte vor, mit welchen sich die albanisch sprechende Bevölkerung in der Schweiz zugunsten einer gelingenden Integration einsetzt und damit Eigenverantwortung wahrnimmt.

Im Zentrum der Konferenz stand der Dialog zwischen den verschiedenen zentralen Akteuren der Integrationspolitik. Diskutiert wurden die bisherigen Erfolge der Integrationspolitik, die drängendsten Probleme sowie mögliche Handlungsansätze.

Ständerat Hannes Germann (Präsident des Schweizerischen Gemeindeverbandes SGV), welcher im Namen der TAK die Konferenz schloss, zog eine positive Bilanz des Anlasses. Es sei erfreulich, dass der Bundesrat, die Kantonsregierungen sowie die Exekutiven von Städten und Gemeinden sich im Rahmen der TAK auf eine gemeinsame Strategie zur Stärkung der schweizerischen Integrationspolitik verständigt hätten. Jede staatliche Ebene sei gewillt zu deren Umsetzung beizutragen. Der Bund und die Kantone verstärkten die Unterstützung der kommunalen Ebene in der Integrationsförderung, ohne deren Flexibilität und Spielräume einzuschränken. Die Integration geschehe vor Ort, in Gemeinden und Städten. Diese würden den Handlungsbedarf im Integrationsbereich kennen. Eine erfolgreiche Integrationspolitik, die sich am gesellschaftlichen Zusammenhalt und am Wohlergehen der Schweiz zeige, brauche aber die enge Zusammenarbeit der drei staatlichen Ebenen.

Die von der TAK eingeladenen Persönlichkeiten repräsentierten sowohl staatliche wie auch nicht-staatliche Institutionen. Alle 26 Kantone stellten für die Konferenz mehrköpfige Delegationen zusammen, die in vielen Fällen von dem für die Integration zuständigen Regierungsmitglied angeführt wurden und denen auch Stadt- und Gemeindepräsidentinnen und -präsidenten angehörten. Von Seiten des Bundes nahmen neben der EJPD-Vorsteherin Verantwortliche verschiedener Bundesämter und Eidgenössischen Kommissionen an der Integrationskonferenz teil. Zudem waren auch die Präsidien diverser nichtstaatlicher Akteure (Migrantenorganisationen, Wirtschaft, Bildung, Wissenschaft, Kirchen, NGO) sowie der grösseren Parteien anwesend.

Seit ihrer Gründung 2001 hat sich die Tripartite Agglomerationskonferenz TAK für die Zusammenarbeit zwischen Bund, Kantonen, Städten und Gemeinden etabliert. Da der Grossteil der ausländischen Bevölkerung in den urbanen Zentren und den umliegenden Agglomerationsgemeinden lebt, setzte sich die TAK von Anfang an vertieft mit der Ausländer- und Integrationspolitik auseinander, erarbeitete Grundlagenberichte, formulierte Handlungsempfehlungen und organisierte 2005 in Biel die erste Nationale Integrationskonferenz.

  

Die Unterlagen zur Konferenz sind auf der TAK-Website www.tak-cta.ch aufgeschaltet.

  

Letzte Änderung 12.05.2011

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