Pilotprojekt zur Arbeitsmarktintegration von Flüchtlingen in der Landwirtschaft: Gute Vorbereitung und regionale Vermittlung als Erfolgsfaktoren

Flüchtlinge und vorläufig Aufgenommene könnten vermehrt eine Arbeitsstelle in der Landwirtschaft finden oder eine berufliche Ausbildung in diesem Bereich absolvieren. Dies unter der Voraussetzung, dass sie in kantonalen oder regionalen Projekten gezielt auf den Einsatz in den Betrieben vorbereitet werden und geeignete Bildungsangebote zur Verfügung stehen. Zudem sollten die Arbeitswege möglichst kurz sein. Dies sind die wichtigsten Erkenntnisse aus dem Pilotprojekt "Arbeiten in der Landwirtschaft" des Schweizer Bauernverbands und des Staatssekretariates für Migration. Die meisten involvierten Landwirtschaftsbetriebe und Teilnehmenden zeigten sich am Ende der Arbeitseinsätze zufrieden.

2015 startete der Schweizer Bauernverband (SBV) mit Unterstützung des Staatssekretariats für Migration (SEM) ein dreijähriges Pilotprojekt. Ziel war es herauszufinden, unter welchen Rahmenbedingungen anerkannte Flüchtlinge und vorläufig aufgenommene Personen vermehrt Arbeit in der Landwirtschaft finden und behalten können. Die Landwirtschaftsbetriebe könnten auf diese Weise ihre offenen Stellen vermehrt mit inländischen Arbeitskräften besetzen. Die Flüchtlinge und vorläufig Aufgenommenen ihrerseits erhielten die Chance, in der schweizerischen Arbeitswelt Fuss zu fassen und ein eigenes Einkommen zu generieren. Letzteres würde wiederum die öffentliche Hand im Bereich der Sozialausgaben finanziell entlasten. Eine erfolgreichere berufliche Integration dieser Personengruppe in der Landwirtschaft würde sich also für alle Beteiligten lohnen.

Im Rahmen des Pilotprojektes wurden zwischen 2015 und 2017 insgesamt 30 Plätze auf 17 Betrieben mit Flüchtlingen oder vorläufig aufgenommen Personen besetzt (siehe Kasten). 24 dieser 30 Arbeitseinsätze wurden erfolgreich abgeschlossen. Die Hochschule für Agrar-, Forst- und Lebensmittelwissenschaften (HAFL) hat die Einsätze analysiert und Empfehlungen für das weitere Vorgehen gemacht. In ihrem Evaluationsbericht hält sie fest, dass die Betriebe, auf denen die Einsätze abgeschlossen werden konnten, mit den Teilnehmenden sehr zufrieden waren.  Die Betriebsleiter stellten sprachliche und berufliche Lernfortschritte fest, die Sozial- und Selbstkompetenz nahm zu, die Teilnehmenden erwiesen sich als motiviert und zuverlässig.

Der Schlussbericht nennt auch die Schwachstellen des Projektes. Die nationale Projektorganisation erschwerte die Suche nach geeigneten Teilnehmenden, der Koordinationsaufwand war sehr gross. Da praktisch kein Teilnehmender über einen Führerausweis oder ein eigenes Fahrzeug verfügte, war die oft abgelegene Lage der Bauernhöfe eine Hürde. Die Einarbeitung der Teilnehmenden auf dem Betrieb erwies sich als aufwändig. Weiter kamen nicht alle Flüchtlinge und vorläufig Aufgenommenen gleich gut mit der körperlichen Arbeit, dem Arbeitsrhythmus oder dem Wohnen auf dem Betrieb klar. Hinzu kamen kulturelle und sprachliche Barrieren.

Für den SBV und das SEM ergeben sich aus dem Projekt und der Evaluation eine Reihe wichtiger Erkenntnisse.  Anerkannte Flüchtlinge und vorläufig Aufgenommene, die in der Landwirtschaft arbeiten wollen, aber noch keine Praxiserfahrung haben, sollten im Rahmen von Projekten mit Bildungselementen und Praktika gezielt darauf vorbereitet werden. Damit können die Betriebe, welche bereit sind, solche Arbeitskräfte anzustellen oder auszubilden, spürbar entlastet werden. Solche Vorbereitungsprojekte sind auf kantonaler oder regionaler Ebene durchzuführen, damit die Koordination einfacher wird, die Arbeitswege möglichst kurz bleiben und die Flüchtlinge und vorläufig Aufgenommenen ihre bestehenden sozialen Kontakte weiter pflegen können.

Jüngere Menschen, die sich eine berufliche Zukunft in der Landwirtschaft vorstellen können und an einer Ausbildung interessiert sind, können künftig eine einjährige Integrationsvorlehre absolvieren. Ab August 2018 bieten fünf Kantone (BE, AG, NE, TI, FR) solche Vorlehren an landwirtschaftlichen Schulen an. Darunter das Inforama Rütti in Zollikofen, wo Mitte August eine Klasse mit 12 Flüchtlingen die Integrationsvorlehre beginnt. Diese erhalten in der Ausbildungszeit einen vertieften Einblick in die Arbeitswelt der Landwirtschaft. Die Integrationsvorlehren sind ein Pilotprojekt des SEM, das landesweit in zwei Dutzend verschiedener Berufsfelder durchgeführt wird und bis 2022 jährlich zwischen 800 und 1000 anerkannte Flüchtlinge und vorläufig Aufgenommene auf eine berufliche Grundbildung vorbereiten wird.   

Eckdaten des Projekts

Die Einsätze im Rahmen des Pilotprojekts in den Jahren 2015-17 dauerten zwischen drei und zwölf Monaten. Die mitwirkenden Betriebe zahlten den Flüchtlingen nach dem Einführungsmonat mit reduzierter Entschädigung den landwirtschaftlichen Mindestlohn von gut 3200 Franken pro Monat. Sie erhielten für den zusätzlichen Aufwand wie die regelmässigen Mitarbeitergespräche, das Ausfüllen von Unterlagen und die Auskunftserteilung im Rahmen der Schlussevaluation eine monatliche Entschädigung von 200 Franken. Es standen 45 Plätze auf 17 unterschiedlichen Betrieben (gemischt, Gemüse, Obst) zur Verfügung, von denen 30 besetzt werden konnten. 24 Teilnehmende schlossen den Arbeitseinsatz ab. 14 von ihnen bekamen ein Stellenangebot des Arbeitsbetriebes, das zehn Personen auch annahmen. Weitere sieben Personen fanden eine andere Stelle in der Landwirtschaft oder in einer anderen Branche. Das dreijährige Pilotprojekt kostet rund 280 000 Franken und wurde je zur Hälfte vom Schweizer Bauernverband und vom Staatssekretariat für Migration finanziert.

Letzte Änderung 08.08.2018

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