Asylzentrum Kreuzlingen: Bericht entlastet Sicherheitsfirma sowie das SEM

Bern. Im Januar 2016 erhob ein Journalist in der Sonntagszeitung schwerwiegende Vorwürfe gegen das Sicherheitspersonal im Empfangs- und Verfahrenszentrum Kreuzlingen. Das Staatssekretariat für Migration SEM liess diese Vorwürfe von Alt-Bundesrichter Michel Féraud untersuchen. Der nun vorliegende Bericht entlastet die Sicherheitsfirma sowie das SEM, enthält aber Empfehlungen, wie gewisse interne Abläufe optimiert werden können. Einige dieser Empfehlungen sind bereits in Arbeit oder umgesetzt.

Die Sonntagszeitung publizierte am 17. Januar 2016 eine Undercover-Reportage aus dem Empfangs- und Verfahrenszentrum Kreuzlingen, die gravierende Anschuldigungen insbesondere gegenüber dem Sicherheitspersonal im Zentrum enthielt.

Das Staatssekretariat für Migration SEM steht für einen fairen und respektvollen Umgang mit Asylsuchenden. Staatssekretär Mario Gattiker liess deshalb die Vorwürfe extern untersuchen. Alt-Bundesrichter Michel Féraud wurde mit dieser Aufgabe betraut und hat nun seinen Bericht vorgelegt.

Keine Hinweise auf systematische Gewalt

Laut Alt-Bundesrichter Féraud gibt es keine konkreten Hinweise darauf, dass Asylsuchende im EVZ Kreuzlingen geschlagen oder anderweitig körperlich misshandelt worden sind. Ein Raum, in dem Asylsuchende zusammengeschlagen würden, so wie in der Reportage kolportiert, existiert nicht.

Der Verfasser des Zeitungsartikels behauptet, in den Asylzentren des Bundes würden sich Terroristen, Schlepper und Drogenhändler unentdeckt einschleichen. Diese Vorwürfe haben sich allesamt als unbegründet und haltlos erwiesen. Fragen der Sicherheit kommen in Asylunterkünften und im Asylverfahren prioritäre Bedeutung zu. Das SEM arbeitet deshalb eng mit den zuständigen Behörden zusammen, das heisst mit dem Nachrichtendienst des Bundes (NDB), dem Bundesamt für Polizei (fedpol), dem Grenzwachtkorps (GWK) und den kantonalen Polizeibehörden.

Alt-Bundesrichter Féraud hat acht konkrete Vorfälle untersucht. Sie betreffen Vorwürfe, wonach Sicherheitspersonal angeblich unzulässig körperliche Gewalt angewendet habe. In drei Fällen lag wegen aggressiven Verhaltens von Asylsuchenden eine Gefährdungssituation vor, weshalb das Personal physisch eingreifen musste – auch um sich selbst und Dritte zu schützen. In einem dieser Fälle ist noch ein Verfahren hängig. In fünf Fällen hat sich der Verdacht von Gewaltanwendung nicht erhärtet. Dagegen dokumentiert der Bericht in einem Fall eine verbale Entgleisung, in einem anderen Fall eine unverhältnismässige Massnahme. Dabei geht es um einen Asylsuchenden, der während 20 Minuten bei tiefen Temperaturen draussen stehen musste. Diese Kritikpunkte nimmt das SEM ernst. Staatssekretär Mario Gattiker hat bei der Leitung des Sicherheitsdienstleisters insistiert, dass die Behandlung von Asylsuchenden in jedem Fall fair, respektvoll und verhältnismässig sein muss.

Empfehlungen in Bezug auf Weiterbildung und Präsenzzeit in den Nachtstunden

Im Zusammenhang mit dem im EVZ Kreuzlingen eingesetzten Sicherheitspersonal gibt es nach Auffassung von Alt-Bundesrichter Féraud keinerlei Hinweise, dass die Sicherheitsfirma die Rahmenvereinbarung nicht einhält oder nicht in der Lage gewesen ist, dem übernommenen Mandat nachzukommen. Die vom Journalisten in diesem Zusammenhang erhobenen Vorwürfe, wonach Mitarbeitende der Securitas Defizite im Umgang mit Muslimen vorweisen würden, seien unbegründet.

Alt-Bundesrichter Féraud gibt in seinem Bericht aber auch Empfehlungen ab. In Bezug auf den Umgang mit stark traumatisierten oder mit renitenten Asylsuchenden und hinsichtlich der Bewältigung von Auseinandersetzungen zwischen Asylsuchenden ist ein besonderes Augenmerk auf die Weiterbildung zu legen, so wie es die Rahmenvereinbarung zwischen SEM und der Securitas AG verlangt.

Das Qualitätssicherungs- und Controllingkonzept des SEM sieht vor, dass Sicherheitsdienstleister einmal pro Jahr über durchgeführte Aus- und Weiterbildungen Bericht erstatten. Michel Féraud empfiehlt, den entsprechenden Berichterstattungen über die Weiterbildungen besondere Beachtung zu schenken und darüber hinaus eine hohe Qualität der Weiterbildungsmassnahmen sicherzustellen. Diese Empfehlungen sind bereits in die Prozesse eingeflossen. Zudem sollte in einem 2015 geplanten Pilotprojekt das Betreuungspersonal zur Unterstützung des Sicherheitsdienstes auch während der Nachtstunden im Zentrum anwesend sein. Dieses Projekt wurde sistiert, solange Alt-Bundesrichter Féraud die Vorwürfe untersuchte; es wird jetzt in Kreuzlingen neu lanciert.

Letzte Änderung 30.08.2016

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