Hintergrund
Die Migration hat sich in den vergangenen Jahren stark verändert. Durch die gestiegene Mobilität und einfachere Verfügbarkeit von Informationen und Kommunikationsmitteln ist sie vielschichtiger und globaler geworden. Auch wenn sich die Gründe für Migration wie Armut, Kriege, Klima, Menschenrechtsverletzungen oder Wirtschaftskrisen sich nicht grundlegend geändert haben, so führen deren Ausmass und globale Vernetzung doch zu einer gestiegenen Komplexität. Um die Chancen und Herausforderungen der Migration sowie Synergien zwischen den verschiedenen Akteuren der Migrationspolitik nutzbar zu machen, hat die Schweiz das Instrument der Migrationspartnerschaften geschaffen. In diesem Rahmen wird versucht, die Migrationsthematik als umfassendes und globales Phänomen zu betrachten und einen Ausgleich der Interessen der Schweiz, ihrer Partnerländer und der Migrantinnen und Migranten selbst anzustreben («win-win-win»).
Konzept und Inhalt
Das Konzept der Migrationspartnerschaften ist im Ausländer- und Integrationsgesetz (AIG) im Artikel 100 verankert. Dort wird dem Bundesrat der Auftrag erteilt, bilaterale und multilaterale Migrationspartnerschaften mit anderen Staaten zu fördern.
Migrationspartnerschaften bilden den Rahmen für verschiedene Instrumente der Migrationsaussenpolitik wie Abkommen und Projekte und werden in der Regel durch eine Absichtserklärung (Memorandum of Understanding) formalisiert. Zur Umsetzung der Migrationspartnerschaften finden regelmässige bilaterale Treffen statt. Da bei der Umsetzung der Migrationspartnerschaften im Regelfall angesprochen wird, sind auch auf schweizerischer Seite verschiedenen Bundesbehörden einbezogen.
Der Inhalt einer Migrationspartnerschaft ist flexibel gestaltbar und unterscheidet sich je nach Partnerstaat, da er den Länderkontext und die spezifischen Interessen der jeweiligen Akteure widerspiegelt. Neben den traditionellen Themen wie die Rückübernahme, die Rückkehrhilfe, die Visumpolitik oder die Bekämpfung des Menschenhandels sind heute unter anderem auch Fragen zu Synergien zwischen Migration und Entwicklung und im Bereich der Menschenrechte der Migrantinnen und Migranten fester Bestandteil der Migrationspartnerschaften.
Akteure
Die federführende Akteurin beim Abschluss von Migrationspartnerschaften ist das Staatssekretariat für Migration (SEM) des Eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartements (EJPD), ebenfalls beteiligt sind die Abteilung Menschliche Sicherheit und die Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit (DEZA) des Eidgenössischen Departements für auswärtige Angelegenheiten (EDA).
Am 14. Dezember 2012 hat der Nationalrat auf Antrag des Bundesrates das Postulat Amarelle (12.3858; Migrationspartnerschaften. Kontrolle und Evaluationen.) angenommen. Dieses verlangt die Durchführung einer Evaluation der Migrationspartnerschaften der Schweiz. Mit dem Ziel, eine unabhängige Überprüfung dieses damals noch relativ neuen Instruments durchzuführen, hat der interdepartementale Ausschuss der internationalen Migrationszusammenarbeit im Herbst 2013 die Durchführung einer externen Evaluation beschlossen. Im Rahmen eines Einladungsverfahrens ist die Wahl für die externe Evaluation auf das Angebot der Maastricht Graduate School of Governance gefallen, die den Fokus auf eine qualitative Auswertung von Interviews und Dokumentationen gelegt hat.
Insgesamt fällt die Bilanz der externen Evaluation zur Wirkung und zum Mehrwert der Migrationspartnerschaften positiv aus. Die Ergebnisse der externen Evaluation bestätigen, dass die Migrationspartnerschaft das geeignete Instrument ist, um die Zusammenarbeit mit Herkunfts- und Transitländern durch eine ausgewogene Berücksichtigung der Interessen aller Beteiligten zu intensivieren. Der Bericht kommt zum Schluss, dass den Migrationspartnerschaften ein relativ ausgeglichenes Kräfteverhältnis zwischen der Schweiz und den Partnerstaaten zugrunde liegt. Als eine der wichtigsten Errungenschaften werten die Evaluatoren zudem die verbesserte Zusammenarbeit zwischen den verschiedenen Bundesstellen und die damit erreichte Politikkohärenz im Migrationsbereich. Insgesamt lässt sich der Mehrwehrt der Migrationspartnerschaften im Vergleich zu anderen Ansätzen der bilateralen Migrationszusammenarbeit in fünf Punkte zusammenfassen:
- sie decken eine grosse Bandbreite an Themen ab,
- sie institutionalisieren und legitimieren eine langfristige Zusammenarbeit;
- sie beruhen auf Gegenseitigkeit;
- sie sind flexibel und schaffen auf Vertrauen basierende Beziehungen, die im Fall von auftretenden Problemen jederzeit aktiviert werden können; und
- ihr Fokus liegt auf langfristigen, ganzheitlichen Lösungsansätzen.
Die Evaluation zeigt allerdings auch auf, dass die Wahrnehmung der Auswirkungen der Migrationspartnerschaften je nach Publikum sehr unterschiedlich ist. In der öffentlichen Wahrnehmung besteht häufig die Erwartung, dass eine Migrationspartnerschaft direkte Auswirkungen auf die Entwicklung der Asylgesuchszahlen bzw. der Entwicklung der irregulären Migration in der Schweiz sowie den Rückkehrzahlen ins Herkunftsland hat. Der externe Evaluationsbericht bestätigt allerdings, dass dieser Zusammenhang in einer direkten Kausalität nicht nachweisbar ist. Hingegen zeigt die Evaluation deutlich auf, dass die Zusammenarbeit im Rahmen einer Migrationspartnerschaft für reibungslosere Prozeduren sorgt, namentlich im Rückkehrbereich. Die durch die Migrationspartnerschaft institutionalisierten Beziehungen auf operationeller Ebene entfalten vor allem im Rückkehrbereich ihre positiven Wirkungen und erste Trends zeigen, dass die Migrationspartnerschaften langfristig zu einem Rückgang der Vollzugspendenzen führen können.
Abgeschlossene Partnerschaften
Bosnien und Herzegowina
Georgien
Kosovo
Nigeria
Nordmazedonien
Serbien
Sri Lanka
Dokumente
-
10 Years Migration Partnership Nigeria-Switzerland (PDF, 17 MB, 17.03.2021)
(Dieses Dokument steht auf Deutsch nicht zur Verfügung)
-
Interdepartmental Review of the Swiss Migration Partnership Strategy for the Western Balkans 2016-2019 (PDF, 560 kB, 13.07.2020)
(April 2019)
(Dieses Dokument steht auf Deutsch nicht zur Verfügung) - Migrationspartnerschaften. Kontrolle und Evaluation. Bericht des Bundesrates in Erfüllung des Postulats 12.3858 (PDF, 339 kB, 13.07.2020)
-
Independent Evaluation of Swiss Migration Partnerships by Maastricht Graduate School of Governance (MGS0G). Management Response (PDF, 1 MB, 13.07.2020)
(Dieses Dokument steht auf Deutsch nicht zur Verfügung)
-
Les partenariats migratoires en Suisse – Un changement de paradigme dans la gestion des migrations?
(Dieses Dokument steht auf Deutsch nicht zur Verfügung)
- Broschüre Migrationspartnerschaften (2008)
Letzte Änderung 28.11.2022